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Soziale Arbeit am Emshof: Farm to Future – Abschluss eines besonderen Integrationsprojekts

Was entsteht, wenn junge Geflüchtete, ein Lernort wie der Emshof und ein Garten auf dem Gelände einer ehemaligen Kaserne zusammenkommen? => Perspektiven. Vertrauen. Gemeinschaft. Und ganz konkret: Ein neuer Gemüsegarten – selbst angelegt, selbst bepflanzt, selbst gestaltet.

Mit dem letzten Pflanztag in Münster fand das Projekt Farm to Future seinen sichtbaren Abschluss – und zugleich seinen eigentlichen Beginn. Denn was zuvor auf dem Emshof gelernt, vorgezogen und vorbereitet wurde, ist jetzt Teil des Alltags der Jugendlichen: Salat, Kohlrabi, Tomaten, Kürbis, Zucchini, Kartoffeln – Gemüse, das nicht nur wachsen, sondern etwas in Bewegung setzen soll.

Farm to Future ist mehr als ein Gartenprojekt. Es ist ein Beispiel dafür, wie soziale Arbeit, praktische Bildung und nachhaltige Landwirtschaft jungen Menschen mit Fluchterfahrung Orientierung geben können – nicht theoretisch, sondern im Tun. In echter Verantwortung. Und in der Sprache der Hände.

Bildung durch Tun: Vom Acker in die Zukunft

Seit Beginn des Projekts hat der Emshof gemeinsam mit dem Bioland-Verband, der Öko-Modellregion Münsterland und Prokus e.V. jungen Geflüchteten ermöglicht, in die Welt der ökologischen Landwirtschaft einzutauchen. Dabei ging es nicht um Beschäftigung, sondern um echte Teilhabe: Die Jugendlichen säten, pflanzten, ernteten, kochten, bauten Benjeshecken, mahlten Getreide, backten Brot und stellten Apfelsaft her. Sie lernten mit den Händen, mit dem Kopf – und miteinander.

Handwerk und Alltag, Pflanzen und Tiere, Sprache und Verantwortung – all das wurde verbunden durch einen festen Rhythmus und das Prinzip: Ich kann etwas beitragen.

Der letzte Tag – ein Anfang in der Kaserne

Am letzten Tag übernahm Nora, unsere akademisch ausgebildete Öko-Landwirtin, die Anleitung. Sie betreute das Einpflanzen der Gemüsejungpflanzen, die von den Jugendlichen selbst auf dem Emshof vorgezogen worden waren. Gepflanzt wurden Salate, Tomaten, Zucchini, Kürbis, Kohlrabi, Petersilie, Zwiebeln und Kartoffeln.

Ein besonderer Moment – denn das Beet liegt nicht auf dem Hof, sondern direkt neben der Wohngruppe der Jugendlichen in Münster. Damit wird das, was zuvor noch außerhalb ihres Alltags stattfand, zu einem Teil ihres Lebensumfelds. Die Öko-Modellregion stellte für dieses Abschlussmodul die nötigen Gartengeräte zur Verfügung – ein starkes Zeichen nachhaltiger Unterstützung.

Sprache, Struktur, Selbstwirksamkeit

Begleitet wurde das Projekt durch zahlreiche Sprach-, Lese- und Schreibübungen. Besonders eindrücklich: der gemeinsam erstellte Saisonkalender, der sich durch das gesamte Projekt zog. Er wurde mit Bildern, Symbolen und Wörtern gefüllt – ein Medium, das über Sprachgrenzen hinweg Orientierung bietet und Selbstständigkeit fördert. Am letzten Tag wurde der Kalender feierlich fertiggestellt – und hängt nun in der Unterkunft als Zeichen der gemeinsam geschaffenen Struktur.

Philipp Willeke von Prokus e.V. bringt es auf den Punkt:

„Viele der Jugendlichen erleben ihren Alltag als ungewiss, durchzogen von Warten, Formulare, Rückschläge. Die Gartenarbeit war für viele heilsam – sie bot Klarheit, Erfolgserlebnisse und Sinn.“

Soziale Arbeit, die wirkt

Was Farm to Future ausmacht, ist nicht nur die kluge Verbindung von Landwirtschaft und Bildung für nachhaltige Entwicklung – sondern auch das tief verankerte sozialpädagogische Verständnis. Der Emshof bringt in diesem Projekt seine langjährige Erfahrung in der Arbeit mit benachteiligten Jugendlichen ein: Vertrauen aufbauen, Handlungsspielräume schaffen, Menschen in ihren Fähigkeiten sehen – das ist gelebte soziale Arbeit.

Die Jugendlichen lernten, dass Lernen auch außerhalb von Klassenzimmern stattfindet. Sie erfuhren, dass Verantwortung nicht überfordert, sondern stärkt. Und sie durften erleben, dass sie willkommen sind – mit ihrer Geschichte, ihren Fähigkeiten, ihrer Zukunft.

Maike Prehm, Projektleiterin beim Bioland-Verband, beschreibt es so:

„Trotz sprachlicher Barrieren funktionierte die Verständigung – mit Händen, mit Lächeln, mit Tun. Diese Erfahrungen hinterlassen Spuren – bei den Jugendlichen, bei uns, in der Gesellschaft.“

Bildung für nachhaltige Entwicklung – praktisch, wirksam, lebensnah

Das Projekt Farm to Future ist ein lebendiges Beispiel dafür, wie Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) gelingen kann – nicht abstrakt, sondern in konkreten Handlungssituationen. Es verknüpft zentrale Leitlinien aus dem Orientierungsrahmen Globale Entwicklung mit der Lebenswirklichkeit junger Menschen, die oftmals nur eingeschränkt Zugang zu schulischer Bildung, Teilhabe und beruflicher Orientierung haben.

Im Sinne der BNE ermöglicht das Projekt die Entwicklung von Kompetenzen in den Bereichen Erkennen, Bewerten und Handeln: Die Jugendlichen setzen sich mit den ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Dimensionen nachhaltiger Entwicklung auseinander, erleben die Verantwortung für natürliche Ressourcen, reflektieren Konsumverhalten und lernen, wie gemeinschaftliches Handeln zu gesellschaftlicher Teilhabe führen kann.

Dabei wird insbesondere die Kontext- und Lebensweltorientierung, wie sie im Orientierungsrahmen betont wird, zum didaktischen Prinzip: Die Verbindung von landwirtschaftlicher Praxis mit Alltagsbezügen in der Wohngruppe (z. B. dem eigenen Garten) zeigt, wie nachhaltige Entwicklung konkret im unmittelbaren Lebensumfeld erfahrbar und gestaltbar wird. Sprachliche, soziale und fachliche Lernprozesse greifen ineinander – das schafft Zugänge, wo klassische Bildung oft an Grenzen stößt.

Farm to Future stärkt so nicht nur fachliche Fähigkeiten, sondern vor allem auch die Persönlichkeitsentwicklung, Selbstwirksamkeit und demokratische Teilhabe – Grundpfeiler einer zukunftsfähigen Bildung, wie sie BNE fordert.

Ausblick: Vom Projekt zur Perspektive

Farm to Future ist mehr als ein einzelnes Projekt. Es ist ein Modell dafür, wie Bildung, Landwirtschaft und soziale Arbeit im ländlichen Raum gemeinsam Zukunft gestalten können. Und es zeigt, dass junge Menschen – egal woher sie kommen – Potenziale haben, wenn man ihnen Raum, Zeit und Begleitung gibt.

Damit solche Projekte auch künftig möglich sind, brauchen wir Unterstützung – politisch, ideell, finanziell.

 

Das Projekt „Farm to Future – Landwirtschaft trifft Bildung“ wird gefördert durch den Bioland-Verband NRW im Rahmen des Programms „ErnährungsZukunft NRW“ des Ministeriums für Landwirtschaft und Verbraucherschutz NRW.

Ein besonderer Dank gilt den Projektpartnern:
– Bioland NRW (Projektkoordination)
– Öko-Modellregion Münsterland (Sachmittel und Vernetzung)
– Prokus e.V. (pädagogische Begleitung)
– Emshof e.V. (Durchführung, sozialpädagogisches Konzept und landwirtschaftliche Umsetzung)

 

Sie möchten Teil dieser Zukunft werden?

Unterstützen Sie Farm to Future mit einer Spende oder durch Ihre Netzwerkarbeit – und helfen Sie mit, junge Menschen durch praktische Bildung und soziale Arbeit zu stärken.

Spendenkonto Emshof e.V.
Volksbank Münsterland Nord
IBAN: DE09 4036 1906 0500 7009 00
Verwendungszweck: Farm to Future – Spende

      

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